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Vier Tage Woche – ein Arbeitsmodell mit Zukunft?

13. Mai 2022, 16:14 Uhr

Eine Thüringer Werbeagentur zahlt ihren Angestellten ab sofort volles Gehalt bei nur vier Tagen Arbeit pro Woche. Das klingt gut und auch unsere europäischen Nachbarn machen uns vor, wie es geht.

Kann das überhaupt funktionieren?

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Diese Frage haben vor allem Arbeitgeber auch zur Einführung der 35 Stunden Woche oder zu Beginn der Corona Pandemie und dem damit verbundenen fast flächendecken Homeoffice gestellt. Heute arbeiten fast alle tariflich Beschäftigten in der Metallbranche 35 Stunden und viele Büroangestellten können sich gar nicht mehr vorstellen, wirklich jeden Tag ins Büro zu fahren. Fakt ist: Viele Arbeitsmodelle wie Zeitkonto oder Vetrauensgleitzeit funktionieren, weil die allermeisten Angestellten einen guten Job machen wollen und ihrer Firma gegenüber loyal sind, wenn es die Firma auch ist.  

Unsere Nachbarn testen schon lange.

Spanien, Schweden, Großbritannien, Island und ganz aktuell auch Belgien experimentieren schon seit ein paar Jahren mit verkürzten Arbeitswochen. Statt 40, wird nur noch 35 Stunden gearbeitet und das an vier Tagen, das macht 8,75 Stunden am Tag. Wichtige Erkenntnis der meisten Studien: Die Mitarbeiter fühlen sich glücklicher, ausgeglichener und leiden weniger unter Burnout, Depressionen und ähnlichen auch stressbedingten Erkrankungen.

Die isländische Studie  

Seit 2015 haben fast 3000 Angestellte aus Island an so einer Studie zur Verringerung der Arbeitszeit teilgenommen. Ergebnis auch hier: Die Angestellten haben weniger Stress, Ihre Work-Life-Balance verbessert sich. Sie waren in der Arbeitszeit leistungsbereiter und konnten dafür in der Freizeit länger und tiefer entspannen.

Diese Studie zeigt, dass der weltweit größte Versuch einer kürzeren Wochenarbeitszeit im öffentlichen Sektor in jeder Hinsicht ein überwältigender Erfolg war,

lobt der teilnehmende isländische Forscher Will Stronge die Ergebnisse der Studie. Auch, weil die Produktivität trotz geringerer Arbeitszeit gleichgeblieben ist.

Und bei uns?

Auch in Mitteldeutschland versuchen einige Vorreiter, wie Konzept- und Werbeagenturen, eine Vier Tage Arbeitswoche zu leben. Einen gesetzlichen Anspruch darauf gibt es nicht, aber Politikerinnen die sich dafür einsetzen, wie die SPD-Bundestagsabgeordnete Annika Klose:

Wir haben in den Koalitionsvertrag geschrieben, dass wir die Gewerkschaften bei Ihrem Kampf für eine Reduzierung der Arbeitszeiten unterstützen.

Sie sieht den Kampf vor allem bei den Gewerkschaften in den Betrieben. Zu groß sind aktuell die Bedenken auf Arbeitgeberseite vor allem in Branchen wie dem Bau oder dem Gesundheits- und Pflegesektor. Der aktuelle Fachkräftemangel macht die Situation eher noch schwieriger. So wird eine flächendeckende Einführung der Vier Tage Arbeitswoche nach Ansicht der Politikerin noch einige Jahre auf sich warten lassen.

Was ist heute wichtig?

Über die Hälfte der Frauen und Männer der sogenannten Generation Z finden Freizeit heute enorm wichtig. Sie sind jetzt in den 30 gern und messen Sport, Spaß und Erholung tatsächlich viel mehr Bedeutung bei, als Ihre Eltern. 1980 galt eine 43,75 Stunden Arbeitswoche hierzulande als völlig normal. Vorteil für den damaligen Staat: Die wenigen Freizeit- und Erholungseinrichtungen waren nicht so überlaufen. Heute lässt die Spaßgesellschaft grüßen, in allen Altersgruppen – die Jungen wollen sich nicht stressen, die Alten sich was gönnen. Betrachtet man die Entwicklung der letzten 60 Jahre, dann hat sich die Arbeitszeit immer weiter verkürzt. Von sechs Tagen auf fünf, von 45 Stunden auf 35. Durch die zunehmende Automatisierung und viel freiere Gestaltungsmöglichkeiten von Arbeitsplätzen, wird es vielleicht nur eine Frage der Zeit sein, bis wir tatsächlich nur noch bis Donnerstag arbeiten müssen.    

Dieses Thema im ProgrammMDR JUMP am Abend | 13. Mai 2022 | 20:45 Uhr