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Hat jeder von uns wirklich einen Doppelgänger?

03. September 2022, 00:00 Uhr

Nicht verwandt – und trotzdem sehr, sehr ähnlich aussehend. Doppelgänger gibt es wirklich. Forschende haben das Phänomen jetzt untersucht – und etwas Verblüffendes herausgefunden.

Ein Team um Manel Esteller von der Universität Barcelona hat sich mit der Frage befasst und berichtet im Fachmagazin „Cell Reports“ von den Erkenntnissen. „Das Aussehen von Menschen, die einander ähneln wie eine Kopie, hat in der Kunst und Populärkultur viel Beachtung gefunden“, begründet Esteller die Wahl des Themas. „Aber bisher wurde es nie aus wissenschaftlicher Sicht untersucht.“

Bilder eines kanadischen Fotografen genutzt

Ausgangspunkt der Forschung war die Arbeit des kanadischen Fotografen François Brunelle. Dieser hat für sein Projekt „I'm not a look-alike“ rund 200 Paare fotografiert, bei denen sich die zwei Menschen extrem ähnlich sehen. Das Thema verfolgt er schon seit mehr als 20 Jahren. Die Forscherinnen und Forscher verwendeten nun zunächst die Fotos von 32 Paaren. Diese mussten dann jeweils einen Fragebogen ausfüllen, bei denen es unter anderem um ihren Lebensstil ging, aber auch um die biologischen Eckdaten wie Größe und Gewicht.

Dann kam künstliche Intelligenz zum Einsatz. Drei verschiedene Bildanalyseprogramme berechneten jeweils einen Gradmesser für die Übereinstimmung der beiden Fotos. Mit den 16 Paaren, die von der Software einhellig als sehr ähnlich aussehend bewertet wurden, arbeiten die Fachleute dann weiter. Diese „Ultra-Lookalikes“ wurden von der Software genauso eingestuft wie eineiige Zwillinge.

Dann wurden bei diesen Frauen und Männern unter anderem Genanalysen mithilfe von Speichelproben durchgeführt. Dabei zeigten sich faszinierende Übereinstimmungen. Die genetische Untersuchung ergab, dass neun der 16 Paare besonders viele sogenannte Einzelnukleotid-Polymorphismen gemeinsam hatten - die häufigste Art der genetischen Variation bei Menschen.

Dabei zeigte sich, dass die Übereinstimmungen in den Doppelgänger-Genomen nicht zufällig verteilt waren. Stattdessen konzentrierte sich ein Großteil davon in den Bereichen des Erbguts, die etwa über das Aussehen des Gesichts und des restlichen Körpers befinden - Lippenform, Nase, Wangen und Mund zum Beispiel, aber auch Augenfarbe, Körpergröße, Hüftumfang oder Neigung zur Kahlköpfigkeit.

Auch Ähnlichkeiten beim Verhalten oder in der Ausbildung

Hier zeigte sich, dass sich nicht verwandte Doppelgänger zumindest in einigen Abschnitten des Genoms so ähnlich sein können wie Zwillinge. Das Team fand auch heraus, dass sich die genetisch ähnlichen Doppelgänger nicht nur in den physischen Eigenschaften glichen – Gesicht, Größe, Körperbau – sondern teilweise auch in ihrem Verhalten, etwa beim Rauchen, oder bei ihrer Ausbildung.

„Menschen mit einem ähnlichen Gesicht teilen demnach auch viele andere genetisch beeinflusste körperliche und wahrscheinlich auch psychische Merkmale“, so das Forschungsteam. Das heißt: Selbst, wenn sich die jeweiligen Doppelgänger nicht kennen, gar in verschiedenen Teilen der Welt leben, kann ihr Werdegang doch ganz ähnlich verlaufen sein. Auch von getrenntlebenden Zwillingen ist so etwas durchaus bekannt.

Die Studie ist nur vergleichsweise klein. Aus Sicht der Forscher hat sie dennoch statistische Aussagekraft: Die Ergebnisse würden sich auch bei Untersuchung größerer Menschengruppen nicht ändern. Und wer weiß, vielleicht ist ja auch euer Doppelgänger irgendwo da draußen. Viel Spaß bei der Suche!

Dieses Thema im ProgrammMDR JUMP am Wochenende | 04. September 2022 | 09:40 Uhr