Vitamin C, D oder B12 - Diese Zusätze brauchen wir im Winter wirklich
Nahrungsergänzungsmittel sind ein boomender Milliardenmarkt. Doch nur die wenigsten von uns brauchen die Präparate. Hier die Fakten.
Aus dem Drogeriemarkt, wo sie viele Regalmeter beanspruchen, sind sie schon lange nicht mehr wegzudenken. Und mittlerweile gibt es sie auch im Lebensmittelladen: Nahrungsergänzungsmittel, die uns als Shake, Pulver oder Kapsel eine Extra-Portion Gesundheit versprechen. Da reicht das Angebot von Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen über Ballaststoffen bis hin zu Aminosäuren.
Nach Angaben des Statistische Bundesamtes ist allein im vergangenen Jahr die Produktion in Deutschland um knapp 11 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Die Erzeugnisse haben demnach einen Produktionswert von 1,1 Milliarden Euro. Und weil ja hierzulande nicht nur Mittel aus heimischer Produktion verkauft werden, lag die Gesamtsumme sogar schon vor Corona bei 2,2 Milliarden Euro.
Das sind die beliebtesten Mittelchen
Besonders viel Geld machen die Anbieter dabei mit folgenden Produkten:
- Magnesiumpräparate (210 Millionen Euro)
- Vitamine A und D (108,4 Millionen Euro)
- Eisen (90,7 Millionen Euro)
- B-Vitamine (reine B-Vitamine 89,2 Millionen Euro)
- Calcium (83,2 Millionen Euro)
Nun könnte einem auffallen, dass ein Klassiker in dieser Liste fehlt: Vitamin C. Das liegt daran, dass er in Herstellung und Verkauf so billig ist. Beliebt ist der Stoff allemal, nicht zuletzt weil manch einer und eine offenbar hofft, damit in Corona-Zeiten das Immunsystem anzukurbeln. Der Umsatz mit reinem Vitamin C legte allein im ersten Quartal 2020 um satte 94 Prozent zu, bei anderen Immunstimulanzien (Kombinationen) waren es 63 Prozent.
Was ist wirklich sinnvoll?
Dass uns die Firmen diese ganzen Präparate verkaufen wollen, überrascht angesichts der Summen natürlich nicht. Für uns Kundinnen und Kunden stellt sich allerdings die Frage: Was davon ist wirklich sinnvoll? Man will ja nicht sinnlos für etwas Geld ausgeben, das man gar nicht braucht. Grundsätzlich gilt: Wer gesund bleiben will, muss sich vor allem gut und ausgewogen ernähren und an der frischen Luft bewegen. Der Bedarf an den allermeisten Substanzen, die sich in den Regalen der Nahrungsergänzungsmittel finden, wird damit für die meisten unter uns gut gedeckt.
Wer trotzdem noch etwas tun will, für den hat der Berliner Physiotherapeut Max von Fritschen eine (kurze) Liste zusammengestellt: Darauf stehen Vitamin D (für kognitive Leistungsfähigkeit, Knochengesundheit und das Immunsystem), Omega-3 (unter anderem für Leistungsfähigkeit des Gehirns und Herzgesundheit), Magnesium (unter anderem für Muskeln und Immunsystem), Zink (für Immunsystem) und Vitamin C (ebenfalls fürs Immunsystem). „Die vorgestellten Nähr- und Mineralstoffe bieten die Möglichkeit, den Körper mit grundlegenden Nährstoffen zu unterstützen“, lautet sein Fazit.
Aufwändige Studien, allerdings schon etwas älter, haben gezeigt, dass in Deutschland aber eigentlich nur bei Vitamin D und Folsäure im Schnitt nicht die Mengen aufgenommen werden, die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung empfohlen werden. Viele Menschen könnten offenbar auch mehr Vitamin E vertragen. Aber wirklich dramatisch sind die Befunde nicht. Überhaupt: Im internationalen Vergleich stehen wir in Deutschland wirklich sehr gut da. Das heißt: Der Bedarf zusätzlich noch etwas einzunehmen, ist bestenfalls gering ausgeprägt.
Es gibt einige Ausnahmen
Ausnahmen gibt es eigentlich nur bei bestimmten Gruppen. So sollen Babys kurz nach der Geburt Vitamin K von der Kinderärztin oder dem Kinderarzt bekommen, im ersten Jahr und im zweiten Winter auch noch Vitamin D. Auch für ältere Menschen können Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll sein, da im höheren Alter Nährstoffe nicht mehr so effizient aufgenommen werden. Auch wer zum Beispiel Veganerin oder Veganer ist, kann von Nahrungsergänzungsmitteln profitieren, im konkreten Fall etwa Vitamin B-12.
Insgesamt raten Expertinnen und Experten aber zur Zurückhaltung: „Nahrungsergänzungsmittel sollten nur nach Feststellung eines manifesten Mangels und in ärztlicher Absprache eingenommen werden“, erklärt etwa die Assmann-Stiftung für Prävention. (https://www.assmann-stiftung.de/nahrungsergaenzungsmittel/) „Das Gesamtmortalitätsrisiko lässt sich nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen durch die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln nicht senken.“
„Viel hilft viel – das ist auch bei Vitaminen und Mineralstoffen ein Trugschluss“, sagt auch der Chef des Bundesinstituts für Risikoforschung (BfR), Andreas Hensel. „Die Dosis entscheidet, ob sie unserer Gesundheit nützen oder schaden.“ Konkret hat seine Behörde in diesem Jahr zum Beispiel davor gewarnt, größere Mengen an Vitamin D ohne entsprechenden ärztlichen Rat einzunehmen. Genutzt werden sollten höchsten Präparate mit einer Tagesdosis von bis zu 20 Mikrogramm. „Bei dieser Menge sind gesundheitliche Beeinträchtigungen nicht zu erwarten“, so das BfR. Andernfalls drohten Nierenprobleme.
Gegen Corona keine Vorteile
Im Blick auf die Corona-Pandemie raten ja manche Leute dazu, Vitamin D in höherer Dosierung einzunehmen. Doch das ist keine gute Idee, so die Risikoforscher: „Eine generelle Empfehlung zur Einnahme von Vitamin-D-Präparaten zur Vorbeugung einer SARS-CoV-2-Infektion oder eines schweren Verlaufs einer Covid-19-Erkrankung ist derzeit nicht begründbar.“ Insgesamt lautet das Fazit von Margrit Richter von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung:
Es bringt nichts, dem Körper Vitamine und Mineralien nach dem Gießkannenprinzip zuzuführen.
Wer keinen Mangel habe, könne darauf verzichten. Auf jeden Fall sollte die Einnahme mit einem Arzt abgeklärt werden. Und wer das weiß, kann durchaus eine Menge Geld sparen.
Dieses Thema im ProgrammMDR JUMP am Wochenende | 18. Dezember 2021 | 11:47 Uhr