Ein blauer leuchtender, kugelrunder Stern, im Vordergrund eine schwarze Kugel, die ein Schwarzes Loch darstellt.
Diese künstlerische Darstellung zeigt, wie das Doppelsternsystem VFTS 243 aussehen könnte, wenn wir es aus der Nähe beobachten würden. Das System, das sich im Tarantelnebel in der Großen Magellanschen Wolke befindet, besteht aus einem heißen, blauen Stern mit der 25-fachen Masse der Sonne und einem schwarzen Loch, das mindestens die neunfache Masse der Sonne hat. Die Größen der beiden binären Komponenten sind nicht maßstabsgetreu: in Wirklichkeit ist der blaue Stern etwa 200 000 Mal größer als das schwarze Loch. Bildrechte: ESO/L. Calçada

Schlafendes schwarzes Loch in unserer Nachbargalaxie entdeckt

30. Juli 2022, 12:00 Uhr

„Guten Abend, gute Nacht“ – manchmal schlafen offenbar auch Schwarze Löcher. Gerade haben Astronomen genau so etwas nämlich entdeckt – oder „ein fettes, unsichtbares Alien", wie sie witzeln.

Lange Zeit kannte man sie nur aus dem Fernsehen oder Kino: Schwarze Löcher, die wohl bizarrsten Ortes des Kosmos. Dort ist eine große Masse auf so geringem Raum zusammengepresst, dass sie eine unvorstellbare Gravitation erzeugt. Nichts kann entkommen, keine Information, kein Licht und schon gar keine Materie. Was einmal in einem Schwarzen Loch gelandet ist, wird – im Prinzip – in alle Ewigkeit dort bleiben.

Kleine und große Schwarze Löcher

Es gibt dabei mehrere Arten von Schwarzen Löchern: Supermassereiche Exemplare von millionen- bis milliardenfacher Sonnenmasse stehen im Zentrum von Galaxien. Im Herzen der Milchstraße gibt es zum Beispiel das Schwarze Loch Sagittarius A*, von dem in diesem Jahr zum ersten Mal ein Bild veröffentlicht wurde. Das allererste Foto eines solchen Massemonsters hat das Event Horizon Telescope, ein weltumspannender Verbund von Radioteleskopen, im Jahr 2019 veröffentlicht. Im Jahr darauf gab es für die theoretische Arbeiten zu Schwarzen Löchern den Physik-Nobelpreis, unter anderem für den deutschen Astronomen Reinhard Genzel.

Schwarzes Loch
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Neben den Supermassereichen Schwarzen Löchern gibt es noch viel, viel kleinere Exemplare. Sie entstehen, wenn ein Stern einer bestimmten Größe seinen gesamten nuklearen Brennstoff verbraucht hat und am Ende seiner Lebenszeit in sich zusammenstürzt – und den Rest seiner Masse bei einer gigantischen Explosion, einer Supernova, ins All wirft. Diese stellaren Schwarzen Löcher sind ungleich häufiger. Allein in unserer Galaxie, der Milchstraße, soll es 10 bis 100 Millionen von ihnen geben. Gemeinsam ist ihnen, dass sie fast alle Röntgenstrahlung aussenden, wenn sie Materie in sich hineinfressen.

Kürzlich hat ein Team um Tomer Shenar von der Universität Amsterdam in den Niederlanden nun ein Objekt entdeckt, bei dem das anders ist. Es handelt sich um ein sogenanntes schlafendes Schwarzes Loch in der Großen Magellanschen Wolke, einer Satellitengalaxie der Milchstraße. Dort entstehen eigentlich deutlich mehr Sterne als bei uns. Doch in dem von den Forschenden untersuchten Bereich hatte zumindest einer sein Leben bereits beendet - aber eben nicht wie sonst üblich mit einer Sternenexplosion.

Analyse im Ausschlussverfahren

Das Ergebnis: ein Schwarzes Loch, neun Mal so schwer wie die Sonne, das sich nicht durch Aussendung von Strahlung, sondern nur durch die Gravitationswirkung seiner Masse bemerkbar macht. Die Gruppe geht davon aus, dass es einst entstanden ist, als ein Stern am Ende seiner Lebenszeit ohne Supernova starb. Verbunden ist das neu entdeckte Schwarze Loch mit dem leuchtenden Stern VFTS 243. Beide umrunden sich wechselseitig auf Kreisbahnen.

Die Entdeckung gelang mit dem Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte ESO in Chile. „Der Hauptteil der Analyse war das Ausschlussverfahren: Was kann 9 Sonnenmassen wiegen und keine Form von Licht ausstrahlen? Ein Schwarzes Loch bleibt die einzige plausible Antwort, die uns bleibt. Entweder das, oder ein fettes, unsichtbares Alien", witzelt Teamleiter Shenar.

Interessant ist, dass ein Teil der Teammitglieder hinter der aktuellen Entdeckung eigentlich einen anderen wissenschaftlichen Schwerpunkt hat. Vor allem Kareem El-Badry vom Center for Astrophysics in Cambridge im US-Bundesstaat Massachusetts ist bekannt dafür, dass er bereits in mehreren Fällen angebliche Schwarze Löcher entzaubert hat. Der Wissenschaftler konnte durch die Neuauswertung von Daten jeweils nachweisen, dass sich eine bestimmte Beobachtung im All eben nicht durch die bis dahin behauptete Existenz eines Schwarzen Loches erklären lässt, sondern zum Beispiel einen Stern oder sogar gleich mehrere.

Wir müssen keine Sorge haben

Umso spannender war nun, dass er selbst ein Exemplar mit entdeckt haben will. »Als Tomer mich bat, seine Ergebnisse zu überprüfen, hatte ich meine Zweifel. Aber ich konnte keine plausible Erklärung für die Daten finden, die nicht mit einem schwarzen Loch zu tun hatte«, so El-Badry.

Interessant übrigens ist, dass Schwarze Löcher in Filmen meist ganz anders dargestellt werden, als sie in Wirklichkeit daherkommen. Vor allem sind sie längst nicht so gefräßig, wie einen die Regisseure aus Hollywood immer denken lassen. Ihre Wirkung ist nur auf ihre unmittelbare Umgebung beschränkt. Sie futtern eben nicht alles auf. Sonst gäbe es das Universum ja gar nicht mehr, nach mehr als 13 Milliarden Jahren. Sie hätten alles weggemampft.

Wenn zum Beispiel die Sonne von einer Sekunde auf die andere zum Schwarzen Loch werden würde – und keine Angst, das passiert nicht, das ist nur ein Gedankenspiel -, dann würde die Erde einfach weiter ihre Bahn um sie drehen. Nur ein bisschen kälter und dunkler wäre es dann hier. Aber ins Schwarze Loch hineinstürzen würden wir eben nicht.

Dieses Thema im Programm MDR JUMP am Abend | 27. Juli 2022 | 21:20 Uhr

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