
Krank oder Normal: Was gehört zum gesunden Schlaf?
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17. März 2022, 13:40 Uhr
Wusstet ihr, dass die Annahme, wir könnten Durchschlafen, ein Mythos ist? Was zum gesunden Schlafverhalten wirklich zählt und wann eine Schlafstörung vorliegt, haben wir einen Schlafforscher gefragt.
Für unser tägliches Wohlbefinden ist eine Zutat besonders wichtig: unser Schlaf. Dabei gehen viele Menschen von der Annahme aus, dass zur gesunden Nachtruhe das Durchschlafen gehört. Doch diese Annahme ist ein Irrglaube. Anlässlich des Weltschlaftages haben wir mit einem Schlafforscher gesprochen, der uns erzählt hat, was dahinter steckt, wenn wir mehrmals nachts aufwachen.
Nachts aufwachen ist normal
Im MDR JUMP-Interview hat uns der Leiter des Interdisziplinären Schlafzentrums am Pfalzklinikum Klingenmünster, Dr. Hans-Günter Weeß, erklärt, dass das nächtliche Wachwerden zum Schlafen gehöre. Betrachte man mal die Menschheitsgeschichte, sei es sogar überlebenswichtig gewesen.
Dass der Mensch nachts wach geworden ist, war zur Orientierung und für die Abschätzung von Gefahrensituationen sehr wichtig. Man muss wissen, dass der Schlaf über die Entwicklung der Menschheit über lange Zeiträume eigentlich sogar ein hochgefährlicher Zustand war. Hätten wir nicht die Fähigkeiten während des Schlafes wach zu werden, wäre die Spezies Mensch schon längst ausgestorben.
Und genau aus diesem Grund sei es auch völlig normal, dass wir je nach Lebensalter nachts zwischen 10 und 25 Mal wach werden. Oftmals erinnern wir uns gar nicht mehr daran, weil es so kurzweilig ist, dass die Zeit nicht ausreicht, um die Information vom Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis zu übertragen.
Wann spricht man von einer Schlafstörung?
Dr. Weeß verrät, dass in der Schlafmedizin erst dann eine Schlafstörung definiert wird, wenn jemand über vier Wochen hinweg mindestens drei Mal die Woche nachts so schlecht schläft, dass man am Tage beeinträchtigt ist.
Wenn wir aufwachen und sozusagen Licht in unserem Kopf anmachen und über den Alltag, die großen und kleinen Sorgen nachdenken und dadurch Anspannung in unser Bett holen, dann wird diese Anspannung zum Feind des Schlafes.
Der Schlafforscher spricht davon, dass man dann nicht mehr einschläft und Durchschlafprobleme vorliegen. Und das hat immense Auswirkungen auf unsere Leistungsfähigkeit. Denn es kann sich durchaus so weit ausprägen, dass man sich nicht erholt fühlt und zum Beispiel mit Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen oder Gedächtnisproblemen zu kämpfen hat. Und dann wird es zu einer Schlafstörung, die behandelt werden sollte.
Ist der Etappenschlaf gesund?
Den Schlaf tagsüber nachzuholen, den man nachts nicht hatte, sei auf Dauer keine gute Lösung. Denn die menschliche Schlaf-Wach-Uhr ist eindeutig an den Hell-Dunkel-Rhythmus gekoppelt. Daher sollte die Hauptschlafperiode immer in der Nacht stattfinden, so Weeß.
Viele körperliche Prozesse sind an den nächtlichen Schlaf gebunden. Wenn wir nachts nicht ausreichend schlafen, dafür regelmäßig tagsüber noch mal schlafen, kann es passieren, dass unsere ganzen biologischen Rhythmen durcheinandergeraten.
Nun arbeiten allerdings auch viele Menschen im Schichtdienst und müssen beispielsweise in den frühen Morgenstunden zur Arbeit. An Schlaf ist dann natürlich nicht zu denken. Wenn man dann mittags noch eine halbe bis ganze Stunde schläft und dennoch nachts problemlos einschlafen kann, dann ist das laut dem Schlafforscher in Ordnung. Grundsätzlich gilt allerdings, dass der Schlaf am Tage nicht länger als 20 Minuten andauern sollte, weil wir sonst Gefahr laufen, in Schlafstadien zukommen wie den REM-Schlaf. Dieser macht uns träge, lustlos und antriebslos.
Im Volksmund spricht dann davon, dass wir uns müde geschlafen haben.
Diese Tipps helfen beim Einschlafen
Dr. Weeß rät dazu, entspannt und gelassen zu bleiben. Und vor allem den Blick auf den Wecker zu meiden. Denn dann fangen die meisten an zu rechnen, wie viel sie bereits geschlafen haben und wie viel ihnen noch übrig bleibt. So setzen wir uns selbst unter Druck. Laut dem Experten gäbe es kein besseres Mittel, um sich wachzuhalten, als unbedingt schlafen zu wollen.
Versuchen wir eher uns schöne Lebenssituationen ins Gedächtnis zu rufen, in denen wir uns sicher, wohl und geborgen gefühlt haben. Solche Gefühle sind die Autobahn in die Entspannung und der Königsweg in den Schlaf.
Dieses Thema im Programm MDR JUMP Die Themen des Tages | 17. März 2022 | 19:20 Uhr