Immer noch sehr beliebt: Rezeptbücher aus der DDR
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Spirelli mit Tomatensoße, Jägerschnitzel, Eierschecke und Kalter Hund: Bei diesen Klassikern bekommen nicht nur die Appetit, die in der DDR aufgewachsen sind. In vielen Familien werden die Rezepte weitergegeben.

In der DDR wurde mit den Zutaten gekocht und gebacken, die verfügbar waren. Aus dem Mangel haben Köche und Bäcker, Mütter, Väter und Großeltern das Beste gemacht. Dabei sind Rezepte entstanden, deren Geschmack bei vielen die Kindheit geprägt hat. Auf ihre Lieblingsgerichte von damals wollen viele auch als Erwachsene nicht verzichten, selbst wenn heute alle Zutaten für Kochen und Backen im Überfluss vorhanden sind.
"Wir kochen gut" und "Das Backbuch"
In vielen Familien standen oder lagen zwei dicke Bücher in der Küche: „Wir kochen gut“ und „Das Backbuch“. Diese Bücher mit hunderten Rezepten sind auch 60 Jahre nach ihrem ersten Erscheinen immer noch extrem beliebt. Sie werden an die nächste Generation weitergegeben oder für sie neu gekauft. Der „BuchVerlag für die Frau“ hat die beiden Rezeptbücher daher jetzt in einer Neuauflage auf den Markt gebracht. Leicht verändert, manche Zutaten etwas angepasst, aber die beliebten DDR-Kultrezepte können immer noch leicht nachgekocht und –gebacken werden. Über die Neuauflagen haben wir mit Susann Jaensch vom Verlag gesprochen.
„Wir kochen gut“ und „Das Backbuch“ sind nach fast 60 Jahren immer noch die wichtigsten Bücher in ihrem Verlag. Warum sind die so erfolgreich?
Das sind wirklich generationenübergreifende Bücher. Die werden von Eltern an die Kinder, von den Großeltern an die Enkel weitergegeben. Und sie haben so etwas wie eine identitätsstiftende Funktion, Millionen Menschen sind in der DDR damit aufgewachsen. Wir merken das auf Buchmessen, wenn wir mit Lesern ins Gespräch kommen: Die erzählen uns dann, was für vergilbte Exemplare sie davon noch im Regal haben. Die Seiten zerlesen, durch viele Hände gegangen. Aber die werden nicht weggeworfen!
Die Bücher werden also noch regelmäßig genutzt?
Die Rezepte darin haben sich über Jahrzehnte bewährt. Die sind zeitlos und gelingen auch Anfängern immer wieder gut. Der Verlag für die Frau war ja ein großer Verlag in der DDR mit fast 500 Mitarbeitern. Und der Verlag in Leipzig hatte eine eigene Versuchsküche. Dort wurde jedes Rezept aus den Büchern kreiert und gekocht und auf Herz und Nieren geprüft von Profiköchen. So sind wirklich nur die besten Sachen in die Bücher gekommen. Das wissen die Leser zu schätzen, bis heute.
Kochbuch und Backbuch sind jetzt neu erschienen, komplett überarbeitet. Was haben Sie im Vergleich zum Original verändert?
Manche Zutaten gibt es heute nicht mehr und zu DDR-Zeiten wurde ja eher „fleischlastig“ gekocht und mit mehr Kalorien und mehr Zucker gebacken. Das etwas an den Zeitgeist anzupassen, so dass die Bücher noch funktionieren, ist schon eine Kunst. Wir haben bestimmt zwei Jahre an den Neuauflagen gearbeitet und uns jedes Rezept dafür vorgenommen. Ich nenne mal ein Beispiel: In der DDR wurde mit viel mit Innereien gekocht, mit Herz, Lunge, Hirn. Manche Rezepte würde heutzutage keiner mehr kochen. Stattdessen haben wir vegetarische und vegane Rezepte reingenommen, gesunde Aufläufe. Wichtig war auch: Heute nutzen wir ganz andere Technik in der Küche, andere Geräte, andere Backzeiten und Backtemperaturen. Das musste angepasst werden.
Was haben Sie beibehalten?
Wir haben sehr auf diesen einzigartigen Rezept-Schatz geachtet! Der macht ja die Zeitlosigkeit der Bücher aus. Den haben wir wirklich zu 95 Prozent beibehalten. Trotz aller Vielfalt auf dem Kochmarkt ist einem auch mal nach Hausmannskost. Nach Essen wie bei Muttern und Oma früher. Und auch die Tipps und Tricks für sicheres Gelingen, was die Bücher ausmacht, das haben wir beibehalten.
Welche Rezepte finden Leser dann?
Natürlich dürfen in so einem Buch die DDR-Kult-Gerichte absolut nicht fehlen: Ungarischer Gulasch, Frikassee, Königsberge Klopse, Soljanka, gefüllte Eier. Aber auch ungewöhnliche Rezepte sind drin. Denn in den 60er Jahren hat man auch Wert drauf gelegt, über den kulinarischen Tellerrand zu schauen. Daher waren auch Rezepte wie gebratene Languste oder Fasan oder flambierte Kirschen drin oder Gerichte mit Auberginen oder Austern. An solche Zutaten sind 98 Prozent der DDR-Bürger nicht rangekommen. Aber heute gibt’s da keine Probleme mehr und man kann das unproblematisch nachkochen.
„Das Backbuch“ heißt jetzt passend zum Kochbuch „Wir backen gut“. Was finden Leser in der neuen Ausgabe?
Das sind vor allem die Grundrezepturen. Etwa für Mürbeteig, für Backpulverteig, für Biskuitteig, Hefe- und Blätterteig. Alles Mögliche, was es gibt wie Mandelmasse, Brandmasse und dafür natürlich Unmengen an Variationen. Was man mit diesen Teigsorten alles backen kann. Und es gibt auch einen großen Bereich für Weihnachtsgebäck, was ja auch immer sehr, sehr wichtig ist für die Leute. Und natürlich sind die Kultbackwaren aus der DDR drin: Der Kalte Hund, der Prophetenkuchen, Selterskuchen, Bienenstich und Frankfurter Kranz. Und alle möglichen Sorten an Blechkuchen, die wir eben früher so geliebt haben wie Rhabarberkuchen, Pflaumenkuchen, Kirschkuchen und Apfelkuchen.
Was ist Ihr Lieblings-DDR-Koch- oder Backrezept?
„Karpfen blau“, das gibt es bei uns immer zu Weihnachten zu Heiligabend. Und das war früher schon so, das hat meine Mutter zu Weihnachten gekocht. Das ist der Geschmack meiner Kindheit! Dann bin ich außerdem auch ein großer Fan vom Frikassee aller Art, vor allem Hähnchenfrikassee. Da findet man in „Wir kochen gut“ natürlich auch unzählige Rezeptvariationen von eben Hähnchenfrikassee über Kalbsfrikassee, Eierfrikassee bis zum Fischfrikassee also. Da kann man sich da wirklich durchs die ganze Palette kochen.
Dieses Thema im Programm Die MDR JUMP Feierabendshow | 02. Juli 2021 | 15:40 Uhr