Trend-Diät Saftkur: Kann man damit wirklich abnehmen und dem Körper etwas Gutes tun?

Jetzt im Frühling erzählen viele etwas über Saftkuren: Ein paar Kollegen probieren sie gerade aus, auf Facebook berichten mindestens drei Freunde über ihre Abnehm-Erfolge und auf Instagram werden die passenden Smoothies zu saftigen Preisen angeboten. Eine Saftkur allein bringt aus Expertensicht nicht viel. Sie kann aber der Startpunkt für ein gesünderes Leben sein.

Wie läuft eine Saftkur ab?

Eine selbst gewählte Zeit lang wird auf feste Nahrung verzichtet. Daher sprechen Experten auch von „Saftfasten“. Die feste Nahrung wird durch frisch gepresste Säfte aus Obst und Gemüse, durch Wasser und Kräutertees ersetzt. Kaffee und Tee, Alkohol und Nikotin werden während einer Saftkur in der Regel nicht konsumiert. Astrid Donalies, Ernährungswissenschaftlerin bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) aus Bonn sagt:

Astrid Donalies
Bildrechte: privat

So soll der Körper energiearm, aber mit besonders mit reichlich Vitaminen, Mineral- und Ballaststoffen sowie sekundären Pflanzenstoffen versorgt werden. Gleichzeitig soll der Körper durch das ‚Fasten‘ entgiftet werden, es sollen „Schadstoffe“ oder „Schlacken“ ausgeschieden werden. So wird es versprochen.

Aus ihrer Sicht ist auch mal ein Kaffee zwischendrin erlaubt. Sonst können besonders bei Kaffee-Vielnutzern Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen auftreten. Wichtig sei der Mix aus Obst- und Gemüsesaft, sagt Kerstin Viehweger. Sie ist ärztlich geprüfte Fastenleiterin und Heilpraktikerin für Psychotherapie aus Dresden:

Kerstin Viehweger
Bildrechte: privat

Am besten nie nur Obstsäfte nehmen. Die bringen einfach von Haus aus zu viel Fruchtzucker mit und daher sollte man besser gut mischen.

Der treibt den Blutzuckerspiegel vergleichsweise schnell nach oben und danach fühlt man sich schnell wieder etwas schlapp.

Wie lange verzichtet man am besten auf feste Nahrung?

In manchen Ratgebern wird empfohlen, regelmäßig einen Tag pro Woche Saftkur zu machen. Andere empfehlen, zwischen drei und acht Tagen auf die flüssige Nahrung zu setzen. Aus Sicht von Astrid Donalies kann sowohl die Ein-Tages-Variante als auch die mehrtägige Kur funktionieren.

Wenn man das jetzt mehrere Tage macht, dann eher mal ein oder drei als zehn oder vierzehn  Tage. Weil die Gefahr so über eine längere Zeit steigt, dass man mit bestimmten Nährstoffen auf Dauer nicht mehr so gut versorgt ist.

Für Anfänger können drei Tage Saftkur gut funktionieren, sagt auch Kerstin Viehweger. Sie rät zu einer Art „Entlastungs-Tag“ für den Start in die Saftkur, ähnlich wie bei anderen Fastenmethoden auch.

Ich würde erst mal den Körper die Chance geben, sich umzustellen. An diesem Entlastungs-Tag lass ich von meiner gewohnten Ernährung alle Eiweiße und Fette weg und mache einen Tag mit Kohlenhydraten. Mit einem guten Smoothie, mit Obst in Stücken, mit Kartoffeln mit Reis.

Bei einer mehrtägigen Saftkur wiederum sei ein Gewöhnungstag am Ende sinnvoll.

Mit Obst und Gemüse in Stücken zum Beispiel und das Gemüse auch gern mal gekocht, damit das Verdauungssystem nicht so auf hundert Prozent arbeiten muss.

Danach seien dann wieder Eiweiße und Fette dran.

Ist eine Saftkur zum Abnehmen geeignet?

Werden dem Körper deutlich weniger Kalorien als sonst zugeführt, verliert der auch meist schnell ein paar Kilogramm.

In der Zeit des Saftfastens habe pro Tag eine Energiezufuhr von 500 bis 600 Kilokalorien. Das ist ein Viertel von dem, was ich sonst zuführe. Damit habe ich während des Fastens erstmal eine gute Gewichtsabnahme.

Das bleibt aber nicht auf Dauer so, wenn sich jemand direkt nach der Saftkur wieder wie gewohnt ernährt. Astrid Donalies sagt:

Man nimmt dauerhaft nur ab, wenn man die Energiebilanz im Blick hat. Also weniger zuführen als man braucht oder eben mehr verbrauchen. Und am besten kombiniert man das auch: Also ausgewogene Ernährung und Bewegung, aber auch Stressreduktion. Das hat Auswirkungen auf achtsames und langsames Essen und somit auf die Sättigung.

Aus ihrer Sicht kann eine Saftkur ein guter Startschuss für eine dauerhaft ausgewogene Ernährung sein. In die startet man dann vielleicht leichter - mit dem guten Gefühl vom ersten Abnehmen in der Saftkur.

Kann der Körper mit einer Saftkur entgiftet und das Immunsystem gestärkt werden?

„Detoxen“, „Giftstoffe und Schlacken loswerden“: Diese beiden Punkte werden gern genannt, wenn jemand für eine Saftkur wirbt. Die DGE-Expertin sagt:

Da wird viel versprochen und das sollte man kritisch hinterfragen. Der Körper hat eine Niere und eine Leber. Damit wird der Körper permanent ‚entgiftet‘. Das heißt: Sie entsorgen Stoffwechselprodukte und Gifte.

Aus ihrer Sicht ist aber positiv, dass während einer Saftkur dem Körper mehr Flüssigkeit als sonst zugeführt wird. Kritisch sieht Astrid Donalies auch das Versprechen, mit einer Saftkur könne das Immunsystem verbessert werden.

Wenn die Ernährung insgesamt dauerhaft ausgewogen ist, mit fünf Portionen Gemüse und Obst  am Tag, mit Vollkornprodukten und ausreichend trinken und gesunden Fetten, das hat Einfluss auf das Immunsystem.

Dann hat man schon viel für das Funktionieren der Immunabwehr getan. Fastenexpertin Kerstin Viehweger weist darauf hin, dass es laut Schulmedizin so etwas wie „Schlacken“ im Körper nicht gibt. Das werde in der Naturheilkunde aber etwas anders gesehen. Sie sagt:

Es gibt schon Stoffwechselendprodukte und die muss man auch loswerden. Zum Fasten gehört die Fettverbrennung. Und wir haben alle unseres viszerales Fett und da gehört auch das Bauchfett dazu. Im Fett sind auch viele aktive Hormone und auch da welche, die uns negativ beeinflussen.

Während des Fastens könne sich zwar die Zahl der weißen Blutkörperchen etwas reduzieren. Darauf weisen aktuelle Studien hin. Die Leukozyten spielen bei der Abwehr von Krankheitserregern eine wichtige Rolle. Anfälliger für Erkältungen ist man aus Sicht von Kerstin Viehweger während einer Saftkur aber nicht.

Bringen die online angebotenen Saftkuren etwas?

Aus Sicht beider Expertinnen reicht es völlig aus, die Flüssignahrung selbst herzustellen. Astrid Donalies:

Da kann man sich an der Saison orientieren, an regionalen Produkten oder auch hin und wieder auf Tiefkühlprodukte setzen. Dann verwendet man frisches Gemüse und Obst und weiß dann auch was drin ist.

Das sei bei Saftkur-Produkten, insbesondere aus dem Internet anders. Bei fertigen Smoothies oder Säften seien sogar manchmal extra Koffein zugesetzt oder extra Nährstoffe, die aber nicht nötig seien.

Da kann man auch nochmal vom Aspekt der Nachhaltigkeit und Müllvermeidung drüber nachdenken. Denn diese Saftkuren sind häufig sehr kleinteilig verpackt, in kleinen Einheiten und in Kunststoff.

Aus Sicht von Kerstin Viehweger spricht aber nichts dagegen, sich zwischendrin auch mal einen fertigen, leckeren Saft aus dem Laden zu gönnen. Der sollte dann aber nicht zusätzlich noch mit Zucker oder Koffein versetzt sein.

Kann man nebenbei Sport machen?

Spaziergänge, Sauna, Yoga, Laufen oder auch eine Stunde im Fitnessstudio: Das alles ist kein Problem, wenn man sich während der Saftkur gut fühlt. Die Bewegung und das Schwitzen in der Sauna können zusätzlich entspannen und Stress abbauen. Kerstin Viehweger sagt:

Mann geht laufen
Bildrechte: IMAGO / YAY Images / 42779120

Da ist wichtig, den eigenen Trainingszustand zu kennen. Und dann kann man so die Hälfte vom üblichen sportlichen Programm machen. Und Sport und Bewegung sind eben wichtig, weil beim Fasten der Körper immer erst das Eiweiß angreift, bevor er an das Fett geht. Weil das Gehirn ja Glukose braucht.

Werden die Muskeln trainiert, können sie vom Körper auch nicht so schnell abgebaut werden, so die Expertin.

Wer sollte Saftkuren besser nicht machen?

Kinder, Jugendliche, schwangere und stillende Frauen haben einen besonderen Bedarf an Nährstoffen und sollten grundsätzlich keine Fastenkuren machen, sagt Astrid Donalies:

Auch Menschen mit Krebserkrankungen oder Lebensmittelunverträglichkeiten, mit Leber-, Nieren- oder Schilddrüsenerkrankung holen besser vorher ärztlichen Rat ein. Und auch Menschen, die Medikamente einnehmen.

Bestimmte pflanzliche Lebensmittel wie Grapefruits oder Granatapfel könnten die Wirkung von Medikamenten beeinflussen. Auch zertifizierte Ernährungsberater können dazu beraten, ob irgendwas gegen eine - kurze - Saftkur spricht und für wen diese geeignet ist.

Dieses Thema im Programm MDR JUMP bei der Arbeit | 10. März 2022 | 11:45 Uhr

Mehr Quicktipps