Autoversicherung mitten im Jahr wechseln – Wie geht’s und was ist wichtig?
Wer von einer teuren Autoversicherung zu einer günstigen wechselt, kann im besten Fall mehrere hundert Euro im Jahr sparen. Bei gleichen Leistungen und ohne Fallstricke im Kleingedruckten. Der Wechsel klappt bei vielen Autofahrer auch außerhalb der üblichen Wechselzeit zum Jahresende.
Wer kann auch nach dem Stichtag 30. November die Autoversicherung wechseln?
Dieses Datum haben viele Autofahrer im Kopf, weil bis dahin die Kündigung raus sein muss. Bei vielen Policen endet das Versicherungsjahr am 31. Dezember mit einer einmonatigen Kündigungsfrist. Doch es gibt zahlreiche Möglichkeiten für Autofahrer, sich außerhalb der „Wechselsaison“ einen neuen Anbieter für Kfz-Haftpflicht und Kasko zu suchen. Viele Versicherer wollen beim Preiskampf zum Jahresende nicht mitmachen und bieten Verträge an, die nicht am 31. Dezember sondern unterjährig enden. Die können dann ebenfalls mit einmonatiger Kündigungsfrist beendet werden. Ralpfh Wefer vom Vergleichsportal Verivox sagt:
Autofahrer haben zudem ein Sonderkündigungsrecht, wenn Beiträge erhöht werden. Egal, was der Grund ist. Also auch dann, wenn sich der Beitrag erhöht, weil das Automodell in eine höhere Typklasse eingestuft wird. Dann kann innerhalb von vier Wochen nach dem Erhalt der neuen Beitragsrechnung gekündigt werden.
Den Vertrag beenden können Autofahrer auch, wenn sie einen Versicherungsschaden haben. Reguliert also der Kfz-Versicherer einen Schaden am eigenen oder einem fremden Auto, kann ihm danach innerhalb von vier Wochen gekündigt werden. Ein Versicherungswechsel ist ebenso möglich, wenn jemand ein neues Auto kauft oder wenn der Halter wechselt. Übernimmt also etwa der Ehepartner oder ein Kind das Fahrzeug und meldet es auf sich an, kann auch eine neue Versicherung gewählt werden.
Wieviel kann man beim Wechsel sparen?
Ein kurzes Kündigungsschreiben mit Name, Vertragsnummer und Kennzeichen des PKW und das per Einschreiben an den Versicherer schicken. Dazu online die Versicherungspreise vergleichen und einen neuen Anbieter suchen. Das ist vergleichsweise wenig Aufwand für viel Ersparnis. Denn die Preisunterschiede zwischen den Policen können enorm sein, wie ein Vergleich von Stiftung Warentest im Herbst zeigt. Danach kostete der Haftpflichtschutz für einen Kompakten für eine Familie je nach Anbieter zwischen 214 und 600 Euro im Jahr. Ralph Wefer sagt:
Im Schnitt sparen sie mit einem günstigen Tarif im Vergleich zu einem durchschnittlichen Tarif etwa ein Viertel beim Beitrag. Bei einer Vollkasko macht das im Schnitt 180 Euro Unterschied, bei einer Teilkasko sind es im Schnitt 130 Euro Ersparnis.
Das seien aber nur Durchschnittswerte. Im Einzelfall seien auch deutlich größere Preisspannen möglich.
Wer jetzt noch nie gewechselt hat und bei einem teuren Anbieter ist, der kann bis zu 850 Euro sparen.
In manchen Fällen kann es sich lohnen, sich erst die Zusage von einem neuen Versicherer zu holen und erst dann die alte Police zu kündigen. Das sagt Beate Bextermöller von der Stiftung Warentest:
Hat man ein sehr teures Auto hat oder auch ein Auto, das in der Typklasse hoch eingestuft ist, dann empfiehlt es sich, den Kaskovertrag schon in der Tasche zu haben. In der Kasko muss mich der Versicherer nicht annehmen, der kann mich auch ablehnen.
Im letzten Vergleich von Stiftung Warentest wurden 159 Tarife untersucht. Verivox bietet nach eigener Aussage einen Vergleich von 230 Tarifen nach Preis und Leistung an. Das zeigt, wie groß der Markt ist.
Müssen kurze Laufzeiten mit höheren Beiträgen bezahlt werden?
Inzwischen gibt es zunehmend mehr Kfz-Versicherer, deren Policen monatlich gekündigt werden können. Autofahrer können also schneller wechseln, wenn sie ein günstiges Angebot sehen. Ralph Wefer sagt:
Man kann nicht sagen, dass diese Tarife generell günstiger oder teurer oder grundsätzlich leistungsstärker oder leistungsärmere wären. Die Empfehlung ist ganz einfach immer, einen individuellen Vergleich von Preis und Leistung zu machen.
Ähnlich sieht das auch Beate Bextermöller von Finanztest. Versicherungskunden sollten zuerst auf Preis und Leistung und dann auf die Vertragslaufzeit schauen.
Wegen Corona komplett andere jährliche Fahrleistung: Wie viele Kilometer gibt man an?
Bei manchen blieb das Auto wegen Homeoffice viel häufiger stehen als sonst. Andere setzten in den letzten beiden Jahren viel häufiger aufs eigene Auto als auf den Nahverkehr. Das macht es nicht ganz einfach, beim Versicherungsvergleich oder auch beim Wechseln eine realistische jährliche Fahrtstrecke anzugeben. Doch der Beitrag richtet sich gerade danach, wie viele Kilometer das Auto bewegt wird. Beate Bextermöller sagt:
Wenn ich jetzt wechsle, gebe ich die Fahrtstrecke aus einem normalen Jahr an. Also ich sag mal vor Corona, wenn ich es noch weiß. Man hat ja auch eine Vorstellung davon, was man im Folgejahr inklusive Urlaub vielleicht fährt. Da sollte man auch einigermaßen realistisch sein.
Sie rät, große Abweichungen bei der Fahrtstrecke auch im bestehenden Vertrag nachzumelden. Wer sehr wenig gefahren ist, bekommt bei manchen Versichern Beiträge direkt zurückerstattet. Das klappt allerdings nicht immer, sagt der Verivox-Experte:
Es gibt auch Anbieter, da wird die geringere Fahrerleistung erst mit einbezogen in die Tarifberechnung für die Zukunft sozusagen. Also da gilt es dann erst fürs nächste Versicherungsjahr.
Vorsorglich melden müssen sich Autofahrer aber nicht, weil sie wahrscheinlich über oder unter ihre Kilometerleistung aus dem Vertrag kommen. Das ist erst dann wichtig, wenn sie wirklich deutlich mehr Kilometer gefahren sind. Das steht dann am Jahresende fest.
Die Nachberechnung ist ja immer möglich. Sie müssen auch nicht befürchten, dass sie ohne Versicherungsschutz dastehen, wenn sie jetzt irgendwie einen Unfall bauen.
Wer sehr viel gefahren ist, muss dann eben Beiträge nachzahlen.
Was passiert mit der Schadensfreiheitsklasse beim Wechsel?
Viele Autofahrer zahlen für Haftpflicht und Vollkasko vergleichsweise niedrige Beiträge, weil sie über Jahre unfallfrei gefahren sind. Sie werden dann von ihrer Versicherung in eine entsprechende Schadensfreiheitsklasse (kurz: SF-Klasse) mit einem entsprechenden Rabatt eingestuft. Diese SF-Klasse kann auch an Angehörige, an Kinder, Enkel und auch an Ehepartner und bei einigen Versicherungen auch an Lebensgefährten übertragen werden. Der Überträger verliert die SF-Klasse dann dauerhaft. Beate Bextermöller sagt:
Wichtig ist da aber: Das kann nur für die Jahre übertragen werden, wo jemand schon einen Führerschein hat. Ich kann jetzt nicht so einen Rabatt von 30 Jahren an jemand übertragen, der erst vier Jahre den Führerschein hat. Da gehen dann nur vier Jahre.
Bei einem Wechsel der Versicherung kann diese Einstufung nach einer Zahl von unfallfreien Jahren übertragen werden. Damit ist dann auch bei der neuen Haftpflicht oder Vollkasko ein Schadenfreiheitsrabatt drin.
Der alte Versicherer bescheinigt sozusagen meine schadenfreien Jahre und meine Unfälle. Und dann wird man entsprechend bei dem neuen Versicherer eingestuft. Also im Regelfall bleibt es dann auch bei der Klasse.
Trotzdem lohnt die Nachfrage beim neuen Versicherer, ob der die Einstufung des alten Anbieters akzeptiert. Das ist vor allem dann wichtig, wenn ein Autofahrer einen Rabattschutz eingesetzt hat. Der kostet bei den Versicherern extra und verhindert, dass ein Autofahrer nach einem Schaden deutlich zurückgestuft wird. Dieser Schutz gilt aber nur für diesen Versicherer. Wer zwanzig Jahre unfallfrei gefahren ist, nach einem Unfall einen Rabattschutz einsetzt und weitere fünf Jahre unfallfrei fährt, bekommt nach einem Wechsel möglicherweise nur diese fünf Jahre anerkannt.
Dieses Thema im ProgrammMDR JUMP bei der Arbeit | 20. Januar 2022 | 11:45 Uhr