Autokauf: Mit Handschaltung oder mit Automatik?
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Eine Automatik nimmt Autofahrern die Schaltarbeit ab. Der Zusatzkomfort macht den Wagen aber etwas lahmer und treibt den Spritverbrauch nach oben. Diese und andere gängige Vorteile stimmen inzwischen nicht mehr. Für manche Autofahrer ist eine Handschaltung trotzdem die bessere Wahl.
Entscheidung beim Autokauf: Welche Automatik soll es denn sein?
Die Autohersteller setzen auf unterschiedliche Automatik-Varianten. Die unterscheiden sich vor allem im Konstruktionsaufwand und damit dann auch im Aufpreis. Wir geben daher einen schnellen Überblick für den Autokauf.
Automatisiertes Schaltgetriebe: Bei der einfachsten Variante einer Automatik wird die Kupplung elektrisch betätigt und die Schaltvorgänge laufen automatisch ab. Mit Aufpreisen mit 300 bis 600 Euro günstig und vor allem in Kleinwagen verbaut. Wird zunehmend weniger eingesetzt. Vor allem die spürbaren Unterbrechungen im Anzug wie bei den ersten Smarts („Kopfnicken“) stören.
Stufenloses CVT-Getriebe: Verzichtet auf festgelegte Schaltstufen, wie Autofahrer sie von der Handschaltung kennen und soll so den Motor immer im optimalen Drehzahlbereich halten. Bei spontaner Beschleunigung wird der Motor aber unangenehm laut. Das versuchen die Hersteller inzwischen mit einigen fest programmierten Fahrstufen zu umgehen. Aufpreis zwischen 1.000 bis 1.500 Euro.
Doppelkupplungsgetriebe oder auch Direktschaltgetriebe (DSG): Eine Kupplung ist für die geraden Gänge zuständig, die andere Kupplung für die ungeraden Gänge. Bei der Fahrt im zweiten Gang ist der dritte schon vorgewählt. Beim Schalten wird die eine Kupplung geschlossen und die andere wieder geöffnet. Die aufwendige Konstruktion erlaubt schnelles Schalten ohne Zugkraftunterbrechung, ist aber mit Aufpreisen zwischen 1.500 und 2.000 Euro recht teuer.
Wandler-Automatik: Der Klassiker mit sechs bis neun fest verbauten Schaltstufen. Zwischen denen wird mit einem Drehmomentwandler zwischen Motor und Getriebe gewechselt und damit gibt es keine Zugkraftunterbrechung. Das System braucht etwas Platz und treibt den Verbrauch etwas nach oben. Kosten: 1.500 bis 2.500 Euro.
Einen ausführlicheren Überblick über die einzelnen Automatik-Varianten mit allen Vor- und Nachteilen hat der ADAC zusammengestellt.
Schaltwippen oder –paddels am Lenkrad: Warum kann bei manchen Automatik-Autos selbst geschaltet werden?
Zahlreiche Autos mit automatisierten Schaltgetrieben, Doppelkupplungsgetriebe oder Wandler-Automatik werden mit Schaltwippen oder Schaltpaddels ausgestattet. Die sitzen links (runter schalten) und rechts (hoch schalten) am Lenkrad. Damit kann die Fahrstufe selbst gewählt werden. Patrick Lang von auto motor und sport sagt:
Ich nutze es tatsächlich selbst nie im regulären Straßenverkehr. Auf der Rennstrecke wiederum ist das eine andere Sache, wo ich dann tatsächlich gezielt schon mal einen Gang vor auswählen kann. Zum Beispiel bei Kurvenfahrten, wo ich schon weiß: Am Kurvenausgang möchte ich einen niedrigeren Gang haben, um schneller raus zu beschleunigen.
Das kann eine Automatik nicht vorhersehen. Ohne die Schaltwippen würde das Auto möglicherweise mit einer zu niedrigen Drehzahl aus einer engen Kurve herausbeschleunigen. Das dauert dann entsprechend länger.
Lahm, durstig, verschleißanfällig: Was ist dran an den alten Vorurteilen gegenüber Autos mit Automatik?
Die Elektronik hat auch in Automatikgetriebe Einzug gehalten. Die sind in den letzten Jahren zudem komplexer und gleichzeitig robuster geworden, sagt unser Experte. Damit konnten Hersteller einige der bauartbedingten Nachteile einer Automatik gegenüber einer Handschaltung ausgleichen.
Verbrauch
Der Extradurst wegen einer Automatik hält sich bei vielen modernen Autos in Grenzen, sagt Patrick Lang:
Bei der Wandlerautomatik gibt es jetzt schon Fahrzeuge mit extrem vielen Fahrstufen. Und das macht eine präzisere Anpassung an die Motorcharakteristik und an verschiedene Lastzustände möglich. Das heißt, man gewinnt einerseits Dynamik, man gewinnt andererseits aber auch Effizienz.
Viele Hersteller würden inzwischen auch Automatikgetriebe mit kleinen Elektromotoren aufrüsten.
Der übernimmt bei niedrigen Geschwindigkeiten die Arbeit und der Verbrenner wird dann nur in einem Bereich benutzt, wo er effizient arbeitet.
Die Sparweltmeister der kommenden Autogenerationen sind aus seiner Sicht Automatikfahrzeuge.
Beschleunigung
„Anfahren, Gedenksekunde, Hochschalten, Gedenksekunde“: So erinnern sich die meisten an ihre erste Fahrt mit einem Auto ohne Kupplung und Automatikwählhebel. Bei manchen Automatik-Varianten trifft das gängige Vorurteil von der fehlenden Spritzigkeit auch heute noch zu. So vergehen bei Kleinwagen und Kompakten mit CVT-Getriebe oft immer noch ein, zwei Sekunden, bis das Auto nach einem beherzten Tritt aufs Gaspedal wirklich beschleunigt. Bei anderen Autos ist die Technik aber inzwischen schneller als der Mensch, sagt Patrick Lang.
Mit einem Porsche-Doppelkupplungsgetriebe gewinnt so ein 911er von null auf hundert gut und gerne mal 0,5 Sekunden. Denn so schnell kann ich händisch ja gar nicht schalten. Die Handschaltung bedingt ja durch ihre Bauart immer Zugkraftverlust.
Auch günstigere Autos sind dann bei der Beschleunigung dank Doppelkupplung besser. Wandler-Automatiken mit vergleichsweise vielen Gängen liefern aus Sicht unseren Experten inzwischen ebenfalls einen dynamischen Antritt.
Komfort und Nutzbarkeit
Für viele Autofahrer ist eine Automatik eher etwas für das komfortable Cruisen auf breiten Straßen und bei langen Fahrten, aber eben nichts für Innenstädte oder auch Berge. Tatsächlich hängt es immer noch etwas vom persönlichen Fahrprofil ab, ob eher die Handschaltung oder die Automatik passt. Autojournalist Patrick Lang sagt:
Im Stadtverkehr ist so ein CVT-Getriebe ganz nett, wenn man da sowieso in niedrigen Geschwindigkeiten unterwegs ist. Vor allem wenn ich in der Stadt oft an einer Ampelkreuzung halten muss. Da übernimmt die Automatik den Job.
Die ist auch auf langen Fahrten auf Autobahnen oder Landstraßen ein Komfortgewinn. Das gilt besonders in Kombination mit einem Tempomaten.
Von einem Tempomaten in einem handgeschalteten Auto hat man zumindest in Deutschland nicht so viel. Da macht es die Verkehrssituation oft nötig, das man abbremst oder mal kurz überholen muss. Und da muss ich zwischendurch schalten.
Dann muss erst der richtige Gang eingelegt und dann der Tempomat wieder aktiviert werden. „Handschalter“ sind dagegen auf engeren Straßen im Mittelgebirge mit vielen Kurven meist im Vorteil: Die Fahrer haben mit Kupplung und Schalthebel mehr Einfluss auf Drehzahl und Antriebsmoment.
Anfahren auf Schnee
Wer in Erzgebirge, Thüringer Wald, Harz oder Vogtland Autofahren gelernt hat, kennt ein Problem besonders gut: Beim Anfahren auf Schnee oder Eis am Berg braucht es viel Gefühl für Kupplung und Gas. Dabei ist der zweite Gang mit wenig Gas und viel Drehmoment oft die beste Wahl. Mit einer normalen Automatik kommt das Auto in so einer Situation oft gar nicht vom Fleck.
Moderne Fahrzeuge haben dafür spezielle Fahrmodi. Da gibt es Schnee- oder Glätteprogramme oder für losen Untergrund.
Die machen das Anfahren ganz komfortabel mit entsprechend Drehmoment möglich.
Verschleißanfälligkeit
Automatikgetriebe bestehen aus mehr Teilen als normale Gangschaltungen. Damit kann zumindest auch mehr kaputtgehen. Im Ernstfall lässt sich ein normales Getriebe zudem leichter und damit im Vergleich günstiger instandsetzen. Ein pauschales Urteil über die Reparaturanfälligkeit von Automatikfahrzeugen ist trotzdem nicht möglich, sagt Patrick Lang.
Das kommt auch so ein bisschen drauf an, wie man damit umgeht. Wenn man zum Beispiel ein Doppelkupplungsgetriebe hat, noch dazu eins mit Trockenkupplung und häufig damit am Berg steht und mit dem Gas spielt – das mag die überhaupt nicht.
Damit verschleißen einzelne Bauteile auch vergleichsweise schnell.
Worauf können Gebrauchtwagenkäufer bei Automatikfahrzeugen achten?
Beim Gebrauchtwagenkauf gilt unabhängig vom verbauten Getriebe die alte Regel: Vorab bei den Autoprofis informieren, welche Schwachstellen das jeweilige Modell hat. Die Experten machen auch klar, worauf beim ersten Check und der Probefahrt beim Getriebe besonders geachtet werden sollte.
Da steht zum Beispiel auch drin, ob eine bestimmte Getriebeoption Probleme gemacht hat. Und dann weiß man, dass die 100.000 Kilometer selten überlebt. Oder man muss auf jeden Fall das Getriebe einmal durchspülen und instandsetzen.
Auch die vorgeschriebenen Wartungsintervalle sollten eingehalten und im Serviceheft eingetragen sein. Die Probefahrt ist besser zu lang als zu kurz.
Eine kurze Probefahrt mit einem Auto mit Wandlerautomatik reicht oft nicht, damit das Öl richtig warm wird. Und man fährt selten so schnell, dass man die höchste Fahrstufe erreicht.
Generell haben es Laien ohne ausreichende Vergleichsmöglichkeiten schwer, bei einer Probefahrt vorhandene Probleme des Automatikgetriebes zu erkennen. Auf ein paar Punkte können sie trotzdem achten.
Schaltet das Getriebe gefühlt sehr hart? Sind die Schaltpausen merkwürdig lang? Habe ich bei den Schaltpausen Drehmomentverlust, der da nicht sein sollte? Und wenn ich auf einer freien Straße beschleunige, wie linear klappt das?
Auch Vibrationen, Geräusche oder eine fehlende Gasannahme seien erste Anzeichen für Probleme mit dem Automatikgetriebe.
Dieses Thema im Programm MDR JUMP bei der Arbeit | 17. März 2022 | 11:45 Uhr