Verantwortung beim Verhüten teilen: Kommt bald die Pille für den Mann?
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Seit Jahren wird an einem Verhütungsmittel zum Einnehmen für Männer geforscht. Doch die bisher entwickelten Antibabypillen für ihn hatten starke Nebenwirkungen. US-Forschern könnte jetzt ein Durchbruch gelungen sein.

In vielen Beziehungen ist Verhütung schlicht Frauensache. Die meisten setzen auf die Pille oder die Spirale, um möglichst sicher zu verhüten. Viele Männer wollen laut Befragungen zwar gern mehr Verantwortung übernehmen. Für sie gibt es bisher aber nur zwei Verhütungsmethoden: Kondom oder Sterilisation. Mehr als 60 Jahre nach der Einführung der Antibabypille für Frauen soll aber bald auch die Verhütungsspille für ihn kommen.
Pille für den Mann soll nicht hormonell wirken
Forschern an der University of Minnesota ist möglicherweise ein Durchbruch gelungen. In Versuchen an männlichen Mäusen reduzierte das Mittel YCT529 die Spermienanzahl drastisch. Bis zu 99 Prozent der Trächtigkeiten bei den Tieren wurden laut den Forschern verhindert. Wurde das Mittel abgesetzt, konnten die Mäuse nach vier bis sechs Wochen wieder Nachkommen zeugen. Ende des Jahres sollen die ersten klinischen Studien mit Menschen beginnen. In fünf Jahren könnte die Pille für den Mann dann vielleicht auf den Markt kommen, hofft Professorin Gunda Georg:
Es gibt keine Garantie, dass es klappt. Aber ich wäre wirklich überrascht, sollten wir nicht auch bei Menschen eine Wirksamkeit feststellen.
Bei bisher entwickelten Verhütungsmitteln für ihn hatten Wissenschaftler auf hormonelle Methoden gesetzt. Doch das führte in Tests zu Nebenwirkungen wie Gewichtszunahmen oder Depressionen. Zudem stieg wegen erhöhter Cholesterol-Werte das Risiko von Herzkrankheiten. Auch die Antibabypillen für Frauen wirken hormonell. Sie können ebenfalls Nebenwirkungen wie Blutgerinnsel, Stimmungsschwankungen oder Gewichtszunahme haben. Das für Männer geplante MittelYCT529 soll dagegen nicht hormonell wirken.
Klappt das wirklich?
Die von den US-Forschern entwickelte Pille dockt an ein Protein an, das bei der Produktion der männlichen Spermien eine wichtige Rolle spielt. Der heißt „Retinsäure-Rezeptor Alpha“ und wird gehemmt. Allerdings spielt dieser Rezeptor auch eine Rolle beim Zellwachstum. Daher zeigt sich Experten aus dem Forschungsbereich kritisch. Richard Anderson von der University of Edinburgh sagte dem Wissenschaftsmagazin New Scientist:
Wenn man ein Medikament entwickelt, das auf einen komplett neuen Signalweg zielt, dann wäre es aus meiner Sicht notwendig, sehr vorsichtig zu sein. In diesem Forschungsgebiet gibt es bisher noch keine Erfolge.
Sein Kollege Richard Sharpe hält es für unwahrscheinlich, dass ein solches Mittel keine Nebenwirkungen zeigt. Das Vitamin-A-Signalsystem spiele im menschlichen Körper gleich an mehreren Stellen eine wichtige Rolle.
Mit Material der Nachrichtenagentur AFP.
Dieses Thema im Programm Die MDR JUMP Feierabendshow | 29. März 2022 | 12:27 Uhr