Flughafen Frankfurt am Main im Juli: Lange Warteschlagen vor dem Check-In sorgten an den letzten Wochenenden immer wieder für Frust bei Urlaubern. Bildrechte: IMAGO / Panama Pictures / Christoph Hardt

Flüge ausgefallen: So bekommst du dein Geld zurück und eine Entschädigung

27. Juli 2022, 09:56 Uhr

Streik bei der Lufthansa, Personalmangel an Flughäfen: Wer jetzt fliegen will, braucht gute Nerven. Die sind auch nötig, wenn es um Geld für ausgefallene Flüge geht. Mit unseren Tipp setzt ihr eurer Recht durch.

Allein 1.000 Flüge hat die Lufthansa diese Woche gestrichen, weil das Bodenpersonal streikt. Davon sind auch die Flughäfen Leipzig/Halle und Dresden betroffen. Zahlreiche andere Airlines hatten in diesem Sommer ebenfalls schon Flüge streichen müssen, weil etwa Personal für die Sicherheitskontrolle oder die Gepäckabfertigung fehlt. Das ist ein echtes Problem für alle, die mit dem Flieger in den Urlaub wollen.  

Wichtig für Entschädigung – wo ist Start, wohin geht der Flug?

Alle Ansprüche gegenüber Fluggesellschaften nach europäischen Recht gelten immer nur dann, wenn ihr entweder von einem Flughafen innerhalb der EU startet, oder auf einem Flughafen innerhalb der EU landet. Wer sich in Australien für einen Kurztrip nach Neuseeland entscheidet, hat später schlechte Karten, Probleme über deutsche Gerichte oder Schlichtungsstellen zu regeln. Wichtig: Bei Pauschalreisen ist der Reiseveranstalter euer Ansprechpartner.

Kostenerstattung, Entschädigung, Betreuungsleistungen – wann gibt es was?

Fällt ein Flug aus oder verspätet er sich so, dass ihr ihn nicht mehr antreten könnt oder wollt, bekommt ihr auf jeden Fall den vollen Flugpreis bezahlt. ihr habt aber auch einen Anspruch auf eine sogenannte Ersatzbeförderung. Die muss euch die Fluglinie zumindest anbieten. Laut Verbraucherzentrale muss das nicht immer mit dem Flugzeug sein:

In geeigneten Fällen kann die alternative Beförderung zum Endziel auch durch andere Verkehrsmittel wie Eisenbahn, Bus oder Schiff erfolgen.

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Wenn ihr die Ersatzbeförderung annehmt oder euch selbst um einen Ersatzflug kümmern müsst, weil es die Airline nicht schafft, habt ihr Anspruch auf sogenannte Betreuungsleistungen. Das sind zusätzlich entstandene Ausgaben für Essen, Taxis oder auch Hotelkosten, die ihr hattet um an das ursprüngliche Ziel zu kommen. Je nachdem, wann ihr von der Fluggesellschaft über Änderung, Verspätung oder gar Ausfall des Fluges informiert werdet, habt ihr auch noch Anspruch auf Entschädigung. Das können, abhängig von Fluglinie und Fluglänge zwischen 250 und 600 Euro pro Person sein. Auf Portalen zum Beispiel vom ADAC oder der Verbraucherzentrale lässt sich das einfach ausrechnen. Das Recht auf eine alternative Beförderung und eine Entschädigung haben Fluggäste auch dann, wenn eine Fluggesellschaft wegen eines Streiks Flüge streichen muss. Darauf weist das Geld-Portal Finanztip hin.

Gepäck weg oder beschädigt – was nun?

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Wenn Gepäck verloren- oder kaputtgeht, zahlt die Fluglinie bis zu 1425 Euro Ersatz. Allerdings nur dann, wenn das Gepäck nicht auch mit Ursache der Beschädigung ist, also zum Beispiel eine nicht sicher verpackte, zerbrechliche Vase. Kommt das Gepäck zu spät, kann es auch bis zu 1400 Euro Ersatz geben. Zum Beispiel für Sachen, die Ihr euch im Urlaub jetzt zwingend kaufen müsst, wie Hygieneartikel oder Wäsche. Wichtig: Alle Belege aufheben.

Unbedingt wichtig – immer alles dokumentieren!

Um gegenüber der Airline aber eventuell auch Schlichtungsstellen, Anwälten und im Ernstfall einem Gericht glaubhaft nachweisen zu können, wann welche Information ausgegeben wurde und wie alles ablief, ist es ratsam, alles festzuhalten. Das beginnt bei der Buchung und den Informationen der Airline. Am besten alles ausdrucken, abheften, Mails speichern. Am Flugtag selbst könnt ihr im Verspätungsfall die Anzeigetafeln im Flughafen fotografieren. Lasst euch Verspätungen, Umbuchungen, Ausfälle usw., wenn möglich, von einem Mitarbeiter der Airline schriftlich bestätigen. Alle Belege und Rechnungen für Betreuungsleistungen solltet ihr ebenfalls aufheben. Wichtig: Abfotografieren ist gut, die Originale sind besser.   

Im Schadensfall der erste Ansprechpartner – die Fluglinie

Dabei ist es wichtig zu wissen, wer eigentlich die verantwortliche Fluglinie für euch ist: Manchmal buchen sich Airlines mit einem Sitzkontingent bei anderen ein und verkaufen das unter ihrem Namen. Das nennt sich Codesharing. Der Hinweis „operated by…“ oder „durchgeführt von…“ zeigt euch, wer die eigentlich zuständige Fluglinie ist. Auf deren Website könnt ihr direkt Eure Forderung stellen. Dazu rät die Stiftung Warentest:

Das ist vor allem dann praktisch, wenn die Air­line ihren Sitz im Ausland hat. Ein Online-Antrag geht schnell. Und ein teurer Einschreibe­brief ins Ausland entfällt.

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Auch ein Musterbrief an die Airline mit vorgefertigten Forderungen und Fristen ist eine gute Möglichkeit. Noch einfacher geht es per Flugärger –App von der Verbraucherzentrale. Dort sind alle Dinge übersichtlich aufgelistet und ihr werdet durch den ganzen Rückforderungsvorgang begleitet.

Wenn die Fluglinie nicht zahlt – Schlichtungsstellen und Sofortentschädiger

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Reagiert die Fluglinie nicht oder will euch nicht in der geforderten Höhe entschädigen, könnt ihr euch an die sogenannte Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e.V. oder die Schlichtungsstelle Luftverkehr beim Bundesamt für Justiz wenden. Das kostet nichts, geht aber erst, wenn ihr es vorher bei der Fluglinie versucht habt. Auch eine Erstberatung bei einem Reiserechtsanwalt kann helfen. Am einfachsten ist es, wenn ihr euch an ein Fluggastportal oder an einen sogenannten Sofortentschädiger wendet. Der eine kämpft in eurem Namen und verlangt dafür später Gebühren, der andere kauft euch Eure Forderung nach einer eingehenden Prüfung der Chancen gleich ab. Nachteil: Bei beiden müsst ihr mit bis zu 50 Prozent von der Rückerstattung als Gebühren rechnen. Tipp: Vergleicht die Anbieter unbedingt vorher.

Und wenn Ihr selber den Flug verpasst oder nicht antreten wollt?

Auch dann gibt es Geld zurück, zumindest den Teil vom Flugpreis, der auf die sogenannten personenbezogenen Steuern und Gebühren entfällt. Die muss auch die Fluglinie nur dann für euch zahlen, wenn ihr mitfliegt. Bei Reisen mit mehreren Anschlussflügen und der ganzen Familie kann da auch ein dreistelliger Betrag zusammenkommen. Es lohnt sich also, den zurückzufordern.

Dieses Thema im ProgrammDie MDR JUMP Nachrichten | 27. Juli 2022 | 09:00 Uhr