Defizite beim Schwimmenlernen durch Corona
Mindestens einer, wenn nicht sogar schon zwei verlorene Jahrgänge – wenn man derzeit mit Schwimmlehrern spricht, dann sorgen die sich massiv um die Ausbildung von Grundschulkindern. Die Pandemie hat eine Lücke geschlagen, die gefährlich werden kann.
Irgendwann wird es ganz schnell gehen, auch wenn wir uns das gerade vielleicht nicht vorstellen können. Trotz des ziemlich kühlen Frühjahrs werden wir uns in ein paar Wochen irgendwo bei uns in der Region in sommerlicher Hitze am Wasser wiederfinden - in einem hoffentlich wieder eröffneten Schwimmbad, aber eben auch an einem Baggersee oder womöglich am Fluss. Und genau dann wird es - womöglich – gefährlich. So warnt die Wasserwacht des Deutschen Roten Kreuzes Thüringen vor einer schwierigen Badesaison, wenn viele Menschen an unbewachten Flüssen und Seen Abkühlung suchen. Denn dort ist die Unfallgefahr besonders groß.
Wenn keine professionellen Wasserretter vor Ort sind, um im Notfall Hilfe zu leisten, droht stets Gefahr für Leib und Leben. Gerade Nichtschwimmer und ungeübte Schwimmer sind gefährdet
warnt Hansgeorg Siebert, Landesleiter der Thüringer DRK-Wasserwacht, zu der rund 1000 ehrenamtliche, ausgebildete Rettungsschwimmer gehören.
Besonders groß ist die Gefahr bei den besonders Kleinen. Denn in der Pandemie haben Schülerinnen und Schüler bei uns in der Region ja so gut wie keinen Schwimmunterricht bekommen. Siebert warnt:
Es wird viel Kraft kosten, den Ausfall zu kompensieren und jedem Kind die Chance zu geben, Schwimmen zu lernen
75 Prozent weniger Schwimmprüfungen
Auch der Präsident der Deutschen Lebensrettungs-Gesellschaft (DLRG) Achim Haag warnt, man spreche „mittlerweile von mindestens einem, wenn nicht sogar schon zwei verlorenen Jahrgängen in der Schwimmausbildung”. Ausbilder hätten im vergangenen Jahr 23.485 Schwimmprüfungen abgenommen, im Vergleich mit 2019 sei die Zahl damit um 75 Prozent eingebrochen.
Was aber tun? Denkbar wäre es ja, dass die Eltern den Job irgendwie auch noch übernehmen. Wie so vieles andere in der Pandemiezeit. Aber Schwimmlehrer halten davon nicht viel:
Da gibt es häufig einen Autoritätskonflikt. Kinder sind aufmerksamer und machen besser mit, wenn sie von einem Nicht-Familienmitglied unterrichtet werden
sagt etwa die Schwimmlehrerin Brunhilde Schröter aus dem nordrhein-westfälischen Wesel. Außerdem seien Eltern eben auch keine ausgebildeten Schwimmlehrer.
Und was man einmal falsch lernt, kann man nur schwer korrigieren.
Denkbar wäre es auch, dass Kinder bei der Wiedereröffnung der Bäder Priorität haben. Das heißt, dass etwa Schwimmkurse von Erwachsenen dann erst einmal verschoben werden müssten. Die Stadt Aue-Bad Schlema in Sachsen plant als Nachhilfe im Schwimmunterricht für Zweitklässler Schwimmlager. Die Kommune will die freiwilligen Kompaktkurse in den Sommer- und Herbstferien organisieren. Immerhin 280 Kinder könnten sich anmelden.
Aber die DLRG in Sachsen sagt eben auch: Der verpasste Schwimmunterricht der Grundschüler ist in Gänze kurzfristig kaum aufzuholen.
Es gibt dafür zu wenige Schwimmhallen
warnt DLRG-Landesgeschäftsführer Sebastian Knabe. Zudem fehle es an Schwimmlehrern.
Dann eben in der Badewanne
In der Wartezeit auf einen Schwimmkurs kann man sich gegebenenfalls mit ein paar Übungen zu Hause behelfen, sagen Schwimmtrainer. So könnte man mit den Kids etwa Löcher ins Wasser einer Schüssel pusten und blubbern, zunächst mit dem Strohhalm, später mit dem Mund. Das gibt vielleicht eine kleine Sauerei im Bad, hilft aber den Jüngsten sich an das Gefühl zu gewöhnen, dass man den Mund ins Wasser halten und sogar dagegen anatmen kann.
Eine wichtige Erkenntnis, wenn man Schwimmen lernen will.
Und wer eine Badewanne zu Hause oder gar einen Swimmingpool im Garten hat, kann mit den Jungs und Mädels auf jeden Fall auch schon mal üben, den Kopf unter Aufsicht unter Wasser zu halten, die Augen aufzumachen – und wieder zu blubbern.
Auch Schwimmbewegungen kann man notfalls schon mal auf dem Trockenen trainieren. Das ist natürlich kein Ersatz für das Schwimmbad, aber eben eine Vorbereitung.
Aber selbst wenn euer Kind ein Seepferdchen hat, solltet ihr beim Baden im Sommer wachsam bleiben. Das rät zum Beispiel der Schwimmlehrer Alexander Gallitz. Er sagt:
Ein Seepferdchen ist kein Garant dafür, dass ein Kind schwimmen kann.
Das liege daran, dass es viele Kinder beim Test schafften, das Untertauchen mit dem kompletten Kopf und offenen Augen zu umgehen. Außerdem müssten sie nur 25 Meter am Stück schwimmen.
In einer echten Notsituation kommt man damit nicht weit.