Nach Hafen-Chaos in China: Massive Lieferprobleme bei Elektronik, Sportartikeln und Spielzeug
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Einer der fünf größten Häfen der Welt war wegen eines Corona-Ausbruchs tagelang dicht. Die Folgen für den Welthandel und damit für Verbraucher sind wohl viel dramatischer als nach der Blockade des Suezkanals im März.

„Zurzeit nicht auf Lager“ oder „Das bekommen wir frühestens in ein paar Wochen wieder“: Wenn Händler und Onlineshops in den nächsten Wochen Kunden vertrösten müssen, könnte ein Grund der riesige Stau in einem Hafen im fernen Südchina sein.
Viele Containerschiffe warten noch auf einen Liegeplatz
Der Hafen von Yantian gehört zu den wichtigsten fünf Containerhäfen der Welt. Dort werden mehr Container ab- und umgeladen als in Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven zusammen. Doch Ende Mai ging in dem riesigen Hafen plötzlich fast gar nichts mehr. Steffen Wurzel, ARD-Korrespondent für China, sagte MDR JUMP:
In China gab es zuletzt kaum Corona-Fälle. Aber im Landesteil Guangdong traten wieder Fälle auf und es haben sich wohl auch Hafenarbeiter angesteckt. Da war Alarmstufe Rot. Als Folge wurden auch die Arbeiten in dem Hafen für eine gewisse Zeit eingestellt.
Schon seit dem 24. Juni ist der Containerhafen Yantian wieder ganz geöffnet. Doch es dauert wohl noch Wochen, bis der Schiffsstau aufgelöst ist. Der gilt schon jetzt als größeres Problem für den Welthandel als die Blockade im Suezkanal im März.
Hafen liegt in einer Region mit vielen Herstellern von Elektronikprodukten
Die Blockade des Hafens in China ist auch für Deutschland ein großes Problem. Yantian liegt in einer der „Produktionshochburgen“ Chinas. Steffen Wurzel sagte:
Ganz viel kommt eben nicht nur aus China, sondern wirklich aus dieser Region Guangdong. Das ist sozusagen das Wirtschaftszentrum Nummer eins in ganz Asien. Dort sind ganz viele Fabriken.
Vom Hafen Yantian werden fast 90 Prozent der in China hergestellten Elektronikwaren in die ganze Welt verschifft. Deutschland importiert Erzeugnisse aus der Elektronikindustrie im Wert von rund 55 Milliarden Euro pro Jahr, so der Bundesverband Spedition und Logistik. Doch auch zahlreiche andere Waren „Made in China“ sind von dem langen Stau betroffen, sagte der Experte für Lieferketten Dr. Gökhan Yüzgülec von INVERTO.
Bei Halbleitern habe es auch schon vor dem Hafenstau einen Mangel gegeben, so Yüzgülec. Der Mangel führt dazu, dass Autos, Laptops oder Spielkonsolen nicht wie geplant produziert werden können.
"Schon jetzt Lieferprobleme bei Druckern und Laptops"
Auf Nachfrage von MDR JUMP zeigen sich Händler aus der wahrscheinlich am stärksten betroffenen Elektronikbranche teils besorgt, teils unbeeindruckt. Schon jetzt stelle man wegen der Probleme in China bei kompletten Warengruppen wie Druckern, Notebooks und Routern anhaltende Lieferprobleme fest, sagte eine Sprecherin von MEDIMAX:
Zum Teil können Komponenten nicht geliefert werden, die für die Herstellung von Produkten in Deutschland notwendig sind. Dies betrifft vor allem Chips, die in diversen Bereichen der Consumer Electronics und Haushaltselektronik verbaut werden.
Die Engpässe könne das Unternehmen bisher mit verfügbaren Modellen ausgleichen. Bei expert habe man schon früh auf die Probleme bei den Lieferketten reagieren können und etwa Warentransporte vom Schiff aufs Flugzeug umgebucht, sagte Vorstand Frank Harder. Eine Sprecherin von MediaMarktSaturn sagte dagegen, in den Märkten und Lagern des Unternehmens sei derzeit ausreichend Ware vorhanden.
Wartezeit auf Fahrräder: Aus Wochen könnten Monate werden
Während Corona gab es einen regelrechten Fahrrad-Boom. Bei der hohen Nachfrage kamen Händler und Hersteller nicht immer nach. Schon jetzt betragen die Wartezeiten für manche Fahrräder oder Bauteile mehrere Wochen: Weil die Produktion im Ausland wegen Corona stockte, weil es im Suezkanal Probleme gab, weil die Lieferketten nicht reibungslos funktionierten. Dieses Problem verschärfe sich nach der Hafenblockade in China noch einmal, sagt David Eisenberger vom Zweirad-Industrie-Verband (ZIV):
Bei Fahrrädern und E-Bikes gibt es momentan Verzögerungen, weil sie einfach nicht aufgebaut werden können. Weil irgendwas von den Komponenten und Zubehör fehlt. Eine Schraube, elektronische Bauteile, Rahmen, weil Aluminium knapp und teuer ist.
Aus mehreren Wochen Wartezeit könnten dann auch Monate werden. Zudem gebe es durch die Lieferprobleme auch leichte Preiserhöhungen. Die Miete für einen leeren Schiffscontainer habe sich von 1.000 Euro auf bis zu 20.000 Euro erhöht, sagt David Eisenberger. Diese Mehrkosten würden die Hersteller an die Verbraucher weitergeben. Die Preise könnten um bis zu zehn Prozent steigen.
Mit Material der Nachrichtenagenturen AFP und Reuters.
Dieses Thema im Programm MDR JUMP - Die Themen des Tages | 02. Juli 2021 | 19:40 Uhr