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Hohe Benzin- und Dieselpreise: Geben Autofahrer bei uns jetzt weniger Gas?

01. April 2022, 00:00 Uhr

Auf Autobahnen zwischen Erfurt und Dresden, zwischen Nossen und Magdeburg fahren angeblich viele Autos langsamer. Weil hohes Tempo viel Sprit kostet. Das wollen MDR JUMP-Hörer beobachtet haben. Wir haben das mit aktuellen Verkehrsdaten überprüft.

von Pierre Gehmlich

Bis zu 2,40 Euro für den Liter Diesel, über 2,30 Euro für Benzin: Der drastische Anstieg bei den Spritpreisen hat viele Autofahrer geschockt. Wer für Arbeit, Ausbildung, Einkäufe oder Besuche bei der Familie auf das Auto angewiesen ist, muss für die Fahrten jetzt spürbar mehr bezahlen. Das hat das Fahrverhalten auf Autobahnen hier im Osten verändert, aber nicht dramatisch und nicht bei allen Fahrern. Das zeigt eine Auswertung von Verkehrsdaten für MDR JUMP.

"Etwas langsamer und auf manchen Autobahnen deutlich weniger Autos"

Navigationsspezialist TomTom hat für MDR JUMP Verkehrsdaten für die Autobahnen A4, A9, A14 und A38 im Osten verglichen. Aus jeweils zwei Arbeitswochen im Januar und im Februar vor dem Spritpreishoch und für die zwei März-Wochen danach. Die GPS-Daten dafür stammen von Smartphones, aus portablen Wegweisern des Unternehmens und fest eingebauten Navigationssystemen von Autoherstellern. Ralf-Peter Schäfer, Verkehrsexperte bei TomTom, sagte:

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Nach unseren Daten ist die Durchschnittsgeschwindigkeit auf den betrachteten Autobahnabschnitten an Werktagen seit dem Anziehen der Spritpreise im Vergleich zum Februar gesunken. Jedoch fällt der Rückgang gering aus. In den meisten Fällen sind es nur ein oder zwei km/h.

TomTom habe auf fast allen untersuchten Autobahnen im Osten seit dem 7. März weniger GPS-Messungen erfasst. Das heißt übersetzt: Es waren offenbar weniger Autos unterwegs.

Der Rückgang fiel dabei unterschiedlich stark aus. Er lag zwischen einem Prozent auf der A4 zwischen Bad Hersfeld und Gera und acht Prozent auf der A9 von Coswig zum Hermsdorfer Kreuz.

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Dabei ist aus Sicht des Verkehrsexperten eines auffällig. Normalerweise gehe die Durchschnittsgeschwindigkeit auf den Autobahnabschnitten nach oben, auf denen weniger Fahrzeuge als sonst unterwegs sind. Das war bei den Messungen im März aber eben nicht so.

„Zweiklassengesellschaft“ auf den Autobahnen?

Auch Vimcar hat für MDR JUMP Verkehrsdaten ausgewertet. Das Unternehmen betreut 100.000 Fahrzeuge von mittelständischen Betrieben und Selbstständigen. Weil für Fahrtenbücher und Routenplanung auch die GPS-Daten der Autos erfasst werden, kann Vimcar-Geschäftsführer Andreas Schneider auch Veränderungen im Fahrverhalten sehen. Doch die gab es seit Ende Januar kaum.

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Eine mögliche Erklärung ist, dass es sich um Dienstfahrzeuge handelt. In der Regel wird der Sprit also vom Arbeitgeber bezahlt. Möglicherweise ist das der Grund, warum sich in unseren Daten kein Effekt auf die Geschwindigkeiten feststellen lässt.

Laut Vimcar gebe es weiter Fahrer, die mit mehr als 160 km/h unterwegs sind. Das sind aber insgesamt nur drei Prozent. Zu den Ergebnissen von Vimcar passt, was Gerrit Reichel auf seinen Fahrten quer durch Deutschland in den letzten Tagen gesehen hat. Der Sprecher vom Automobil-Club Verkehr (ACV) sagte MDR JUMP:

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Man beobachtet schon, dass Autos, die typischerweise zur Kategorie ‚Dienstwagen mit Tankkarte‘ gehören, schneller unterwegs sind, als Privatwagen, wo der Fahrer den Sprit selbst zahlen muss.

Auf der Autobahn scheine es mittlerweile eine Art Zweiklassengesellschaft zu geben.

Größtes Einsparpotential auf Autobahnen

Auf Autobahnen hatten MDR JUMP-Hörer und Kollegen aus der Redaktion zuletzt ein verändertes Fahrverhalten beobachtet. Anders als in der Stadt und auf vielen Landstraßen können Fahrer auf der Autobahn selbst entscheiden, ob sie spritsparend rollen oder richtig schnell fahren wollen. Zumindest gilt das für Streckenabschnitte ohne Tempolimits, Baustellen und Staus. Laut ACV gibt es auf Autobahnen zudem große Einsparpotentiale. Höchstgeschwindigkeiten kosten übermäßig viel Sprit. Gerrit Reichel sagte:

Bei Tempo 110 verbrauchen moderne Pkw-Motoren mehrere Liter weniger als bei Geschwindigkeiten jenseits von 150, 160 km/h. Dies gilt insbesondere für die heute sehr verbreiteten Turbo-Motoren.

Auf einer Strecke von Chemnitz nach Rügen sorge eine konstante Geschwindigkeit von 110 km/h für bis zu 150 Kilometer mehr Restreichweite. Bei Tempo 110 könnten Autofahrer sicher im Verkehr mitschwimmen, ohne zum Hindernis zu werden. Der ACV rät von Fahrten im Windschatten von LKWs ab, mit denen zusätzlich Kraftstoff eingespart werden soll. Durch die eingeschränkte Sicht nach vorne könnte es zu schweren Auffahrunfällen kommen.

Dieses Thema im ProgrammMDR JUMP - Die Themen des Tages | 01. April 2022 | 19:40 Uhr