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Alleinerziehende häufig arm trotz Arbeit: "Katastrophale Situation"

Stand: 15. Juli 2021, 15:54 Uhr

Sie gehen oft in Vollzeit arbeiten. Doch das Geld reicht nicht. Eine neue Studie zeigt, wie viele Alleinerziehende zu wenig Geld haben. Auch in Mitteldeutschland ist die Situation angespannt.

Alleinerziehend für Kinder verantwortlich zu sein - das ist eine besondere Herausforderung. Denn das Risiko für Einkommensarmut ist hoch. Dadurch sind die alleinerziehenden Mütter und Väter auch vermehrt von Altersarmut betroffen. Dieses Fazit zieht eine neue Studie, die im Auftrag der Bertelsmann Stiftung erstellt worden ist. Betroffen sind vor allem Mütter. Unter den alleinerziehenden Elternteilen sind sie mit 88 Prozent die größte Gruppe.

Von Armut bedroht - trotz Arbeit

Dass es alleinerziehenden Familien finanziell schlecht geht, liegt nicht daran, dass die Eltern weniger arbeiten würden. Ganz im Gegenteil. Laut der Studie sind mehr alleinerziehende Mütter berufstätig, als Mütter aus Paarfamilien. Sie arbeiten auch öfter in Vollzeit. Das Fazit der Forschenden: Alleinerziehende leisten in ihrem Alltag besonders viel. Sie kümmern sich um die Kinder und gehen oft einer Erwerbstätigkeit nach.

Trotzdem reicht das Einkommen häufig nicht aus. Arm trotz Arbeit – damit darf sich unsere Gesellschaft nicht abfinden.

Jörg Dräger, Vorstand Bertelsmann Stiftung

Derzeit gelten 43 Prozent der Familien mit nur einem Elternteil als einkommensarm. Bei Paarfamilien liegt dieser Wert zwischen 9 Prozent (ein Kind) und 31 Prozent (drei Kinder).

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Situation in Mitteldeutschland "katastrophal"

Auch in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zeigen sich diese Probleme. Brunhild Fischer von der Landeskoordinationsstelle für Alleinerziehende Sachsen (LKAS) berät, unterstützt und begleitet Alleinerziehende. Sie sagt im Gespräch mit MDR JUMP, dass davon ausgegangen werden kann, dass die Situation in Mitteldeutschland ungefähr mit den bundesweiten Zahlen vergleichbar sei.

Das ist bundesweit eine katastrophale Situation, wie alleinerziehende Eltern ihr Leben bestreiten müssen.

Brunhild Fischer, Landeskoordinationsstelle für Alleinerziehende Sachsen

In einzelnen Regionen sei die Lage laut Fischer deutlich angespannter. In Sachsen gelte das beispielsweise für die Großstädte Chemnitz, Dresden und Leipzig. Besonders die Corona-Krise hätte Probleme der Alleinerziehenden aufgedeckt. Beispielsweise wurde die Kindernotbetreuung in der Corona-Zeit in Sachsen teilweise nicht für Alleinerziehende Familien geöffnet. Daher zieht Fischer das Fazit zu den Corona-Regelungen:

Die Maßnahmen haben die Situation verschärft.

Brunhild Fischer, Landeskoordinationsstelle für Alleinerziehende Sachsen

Grundsätzliche Veränderung gefordert

Brunhild Fischer fordert grundlegende politische Veränderungen. Es fehle an einer Interessensvertretung der Alleinerziehenden in politischen Entscheidungsgremien. Sie fordert, dass jede politische Entscheidung darauf geprüft wird, ob sie positive oder negative Auswirkungen auf Alleinerziehende Familien habe.

Grundsätzlich muss jede politische Entscheidung auf Familiengerechtigkeit hin geprüft werden.

Brunhild Fischer, Landeskoordinationsstelle für Alleinerziehende Sachsen

Dieses Thema im ProgrammMDR JUMP - Nachrichten | 15. Juli 2021 | 09:00 Uhr