Abnehmen: Ist Intervallfasten doch eher wirkungslos?
Viele von uns schwören auf Intervallfasten, um lästige Pfunde loszuwerden. Doch eine neue Studie weckt Zweifel an der Wirksamkeit der Diät.
Es stammt zwar schon aus Omas Zeiten, aber gibt tatsächlich ein Rezept zum Abnehmen, das immer wirkt – allerdings ist es ziemlich nervig. Platt ausgedrückt heißt es: „Friss die Hälfte“. Etwas vornehmer formuliert geht es dabei um Kalorienreduktion, also darum, dem eigenen Körper weniger Nahrung als gewöhnlich zuzuführen.
Stunden zählen
Man kann sich dabei natürlich längst von Apps unterstützen lassen oder angeblich hilfreiche Mittelchen schlucken. Doch beides ist das nicht jedermanns Sache. Immerhin steht seit geraumer Zeit noch ein vergleichsweise einfach zu handhabender Ansatz zur Verfügung, auf den auch viele Menschen bei uns in der Region schwören: das Intervallfasten. Das bedeutet, dass man das die Einnahme der Speisen verschiebt und regelmäßige längere Essenspausen einlegt. Außerdem sollte man zwei bis drei Liter Wasser oder Tee pro Tag trinken – für die Stoffwechselfunktion und gegen Kopfschmerzen und Müdigkeit – und sich ausreichend bewegen.
„Sie müssen keine Kalorien zählen, sondern Stunden. Statt ‚Friss die Hälfte‘ gilt: ‚Friss die Hälfte der Zeit!‘“, hat Eckart von Hirschhausen das Prinzip einmal etwas flapsig beschrieben. Die Idee dabei: In den Hungerphasen stellt unser Körper vom Zuckerstoffwechsel auf den Fettstoffwechsel um. Das heißt, wenn die Kohlenhydrate verbraucht sind, geht es an die Fettreserven – und die Kilos purzeln nach und nach. „Der Körper muss auch in Hungerperioden sicherstellen, dass die Organe und vor allem das Gehirn weiter mit Energie versorgt werden“, erklärt Stephan Herzig vom Helmholtz-Zentrum München.
Evolutionär ans Fasten gewöhnt
Das Argument: Unsere Körper sind sozusagen evolutionär an regelmäßige Fastenzeiten gewöhnt. Bis zum Beginn der Landwirtschaft vor etwa 12.000 Jahren hätten wir Menschen vom Jagen und Sammeln gelebt – und dabei habe man eben auch oft einen leeren Bauch gehabt. „Wir sind programmiert zu regelmäßigem Intervallfasten“, so Dominic D’Agostino von der University of South Florida.
Fürs Intervallfasten gibt es viele verschiedene Ansätze, zum Beispiel die 5:2-Methode. Dabei wird an fünf Tagen pro Woche ganz normal gegessen. An zwei Tagen wird die Nahrungszufuhr dagegen stark reduziert: bei Frauen auf 500 bis 800, bei Männern auf 600 bis 850 Kilokalorien. Andere wiederum schwören auf die 16:8-Methode. Diese bietet sich an, wenn man keine ganzen Tage fasten möchte. Stattdessen lässt man eine Mahlzeit, entweder ganz früh oder ganz spät ausfallen, sodass man 16 Stunden am Stück auf Nahrung verzichtet. Auch zahlreiche andere Zeiteinteilungen beim Fasten haben ihre Unterstützerinnen und Unterstützer.
Fachgesellschaft nicht wirklich überzeugt
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) war – trotz großer Begeisterung andernorts – bisher nicht so ganz überzeugt vom Intervallfasten. „Die meisten Konzepte des Intervallfastens beinhalten keine oder nur sehr vage Empfehlungen zur Lebensmittelauswahl“, lautetet ein Kritikpunkt, der andere, dass es „keine Ernährungsumstellung hin zu einer ernährungsphysiologisch günstigen Lebensmittelauswahl“ gibt.
Auch eine gerade im Fachmagazin „MMW“ veröffentlichte Untersuchung besagt, dass Intervallfasten jedenfalls keine Wunderwaffe gegen den Speck ist. Demnach unterscheiden sich die Effekte nicht groß von denen anderer Diäten. Es komme im Wesentlichen darauf an, dass der Patient mit der Diätform gut zurechtkommt, so Autor Roland Müller-Waldeck.
Und weiter: „Intervallfasten kann dabei helfen, abzunehmen, wenn die Kalorienbilanz negativ wird. Die Effekte auf den Stoffwechsel unterscheiden sich nicht von anderen Diätformen.“
Auf die Energiebilanz kommt es an
Auch Hans Hauner vom Institut für Ernährungsmedizin an der TU München erklärt: „Der wichtigste Punkt beim Intervallfasten ist, dass man in den Fastenzeiten Kalorien einspart, die man dann während der Zeit ohne Beschränkungen nicht wieder ausgleicht. Weil es aber am Ende immer auf die Energiebilanz ankommt, zeigen vergleichende Studien zwischen Intervallfasten und einer üblichen oder moderaten Kalorienbegrenzung keinen deutlichen Unterschied.“
„Um sein Gewicht langfristig zu halten, bedarf es auch einer dauerhaften Ernährungsumstellung auf ausgewogene Kost nach den Empfehlungen der DGE", rät Tilman Kühn vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg. Oder anders ausgedrückt: Am Ende lohnte es sich durchaus wieder, über das klassische „Friss die Hälfte“ nachzudenken – auch wenn das vielleicht altbacken daherkommt.
Dieses Thema im ProgrammDIE MDR JUMP MORNINGSHOW | 05. April 2022 | 05:55 Uhr